Freimaurerische Grade

Das zum Bauen verwendete Material erfuhr seine symbolische Umgestaltung. So stellt der in einer Loge eingetretene Lehrling einen rauhen Stein dar, der erst von den Ecken und Kanten der Unvollkommenheit befreit werden muss, bis er der Prüfung durch den rechten Winkel standhält und als behauener kubischer Stein an einem ihm gemäßen Platz in das Bauwerk eingefügt werden kann. Der Lehrling soll sich also schwerpunktmäßig mit sich selbst beschäftigen, seine Fehler erkennen und ausmerzen und seine Fähigkeiten und guten Anlagen fördern.

Hat er hierin befriedigende Fortschritte gemacht, wird er zum Gesellen befördert. Als solcher lernt er, dass Fortschritte am Bau nur durch das geordnete Zusammenwirken aller Bauleute erzielt werden können. Sein Werkzeug ist die Kelle, das Symbol der Toleranz. Mit ihr gleicht er die Unebenheiten zwischen den verschiedenartigen Steinen aus und schließt die Fugen. Dadurch wird der Bau, (sprich: die Gemeinschaft) vor schädigenden Einflüssen von außen bewahrt. Der Gesellengrad spiegelt also die aktive Lebensphase des Menschen in der Gesellschaft wider. Der Geselle soll sich seinen Mitmenschen gegenüber öffnen und zu ihnen edel, hilfreich und gut sein.

Hat er sich in der Gemeinschaft als ein starkes und nützliches Glied erwiesen, kann er als Meister am Reißbrett, an den Entwürfen für den Bau, also für seine eigene Lebensgestaltung arbeiten. In erweiterter Schau wird der gesamte Lebenszyklus des Menschen in den freimaurerischen Ritualen der drei Grade dramaturgisch überhöht und symbolisch verschlüsselt dargestellt. Das beginnt bei seiner Geburt bzw. seiner geistigen Neugeburt und führt über die Wanderung aus dem Dunkel der Unwissenheit in das Licht der Erkenntnis bis hin zu seinem Tode. Auch mit diesem Phänomen seiner Begrenztheit und Endlichkeit muss sich der Freimaurer auseinandersetzen. Es ist also nur folgerichtig, dass auch der Tod in Ritual und Symbolik der Freimaurerei seine besonderen Ausformungen gefunden hat.